geschrieben von Mischa in Kralendijk, Bonaire · 17.06.2016 · 2 Kommentare ·

Der Abschied von den Los Roques fällt uns schwer: Die letzte Nacht verbringen wir auf der wunderschönen Insel Cayo de Agua, der westlichsten des Archipels. Wiedermal haben wir die Bucht für uns ganz alleine und können in Ruhe zwischen den Korallenriffen schnorcheln und mit dem Dinghy an Land fahren. Die Insel besteht aus zwei Teilen, die nur mit einer teilweise überspülten, schmalen Sandbank verbunden sind. Man kann durchs seichte Wasser von einer Insel zur anderen waten, während von links und rechts Brandungswellen gegen den Sand schlagen – ein tolles Schauspiel. Willi wird das Gespritze allerdings schnell ein wenig unheimlich, deshalb sind wir bald zurück an Bord und legen uns in die Kojen, wir wollen ja außerdem am nächsten Tag fit für die Überfahrt nach Bonaire sein.
Pünktlich um acht Uhr am Morgen holen wir den Anker auf, motoren aus der Bucht und setzen die Genua. Der relativ starke Wind der letzten Tage ist zwar schwächer geworden, der Seegang ist aber immer noch unangenehm. Die Inseln bieten schon relativ bald mehr keinen Schutz vor dem Geschaukel, im Gegenteil: Die Wellen scheinen von überall zu kommen, die SAILOR MOON wird hin- und hergeworfen. Nach ein paar Stunden normalisieren sich die Verhältnisse aber, und wir passieren Los Aves, eine weitere kleine zu Venezuela gehörende Inselgruppe, bei Sonnenuntergang. Die Nacht verläuft ereignislos, wir machen gute Fahrt und sehen in der Früh schon bald die “Berge” von Bonaire am Horizont. Trotzdem dauert es noch länger, bis wir endlich da sind, wir müssen erst die flache Südspitze Bonaires umrunden und dann am Wind nach Norden segeln. Die SAILOR MOON steuert sich nur unter Genua auf Am-Wind-Kursen nicht wirklich selbst, und wir müssen ständig händisch den Kurs korrigieren. Das Großsegel zu setzen würde Abhilfe schaffen, aber der Passat weht kräftig, und nach der durchwachten Nacht habe ich nicht die Energie, das Cockpit zu verlassen und beim Mast herumzuwerkeln. Frustriert werfen wir schließlich den Motor an, die letzten Meilen ziehen sich wiedermal wie Kaugummi, dann endlich machen wir unser Boot an der erst besten Boje vor der Inselhauptstadt Kralendijk fest. Ein paar Tage später lesen wir im Segelhandbuch, dass die letzten Meilen nach Bonaire zum Schönsten gehören sollen, was die Karibik segeltechnisch zu bieten hat…

auf Cayo de Agua

auf Cayo de Agua

Spaziergang am Strand

Spaziergang am Strand

ein großer Raubfisch bringt uns um unseren halben Fang...

ein großer Raubfisch bringt uns um unseren halben Fang…

Bonaire gefällt uns sofort. Das generelle Ankerverbot verbunden mit den hohen Bojen- und Marinapreisen zehrt zwar am Budget, es zahlt sich aber offensichtlich aus: Noch nie haben wir direkt vor einer Stadt dermaßen klares Wasser mit intakten Korallenriffen und so einem beeindruckenden Fischreichtum gesehen. Umweltschutz und vor allem Rücksicht auf das Meer wird auf Bonaire sehr ernst genommen, kein Wunder, kommt doch das meiste Geld durch Tauchtouristen aus aller Welt herein. Selbst Essens- und Fischreste werden hier fachgerecht entsorgt und nicht einfach ins Meer geworfen, beim Schnorcheln findet man nichts, was nicht ins Wasser gehört. Tägliche Schnorchelausflüge vom Boot werden schnell zum festen Bestandteil in unserem Tagesprogramm, wir sehen alle möglichen kleinen und großen Fische, Muränen, Oktopus-Babys, Schildkröten, Seeschlangen, Korallen… die Unterwasserwelt ist hier wirklich beeindruckend, nicht umsonst steht selbst auf den Nummerntafeln in Bonaire “Diver’s Paradise”.

Schildkröten!

Schildkröten!

Fische

Fische

noch mehr Fische

noch mehr Fische

bunter Fisch

bunter Fisch

Aber auch über Wasser fühlen wir uns hier wahnsinnig wohl. Bonaire war früher eine niederländische Kolonie, bildete dann gemeinsam mit ein paar anderen Inseln bis 2010 das holländische Überseegebiet der Niederländischen Antillen, seitdem ist es als sogenannte “besondere Gemeinde” in die Niederlanden eingegliedert. Die Bevölkerung ist eine bunte Mischung, die Einwohner kommen von überall her, wir treffen Einwanderer aus Holland oder dem übrigen Europa, Peru, Ecuador, Venezuela, Argentinien, Amerika… Gemeinsam ist ihnen ihre Sprache, das sogenannte Papiamentu, ein wilder Mix aus Spanisch, Portugiesisch, Niederländisch, ein bisschen Englisch und auch Französich. Für unsere Ohren klingt es am ehesten wie spanisch, als einige der wenigen Kreolsprachen wird es auch geschrieben und ist ganz offiziell Amtssprache auf den ABC-Inseln. Zum Glück kann aber jeder hier ausgezeichnet Englisch, die meisten sprechen auch noch niederländisch und/oder Spanisch.
Die kleine Segelcommunity hier ist stark niederländisch dominiert, wir lernen aber auch deutsche, amerikanische, portugiesische, brasilianische oder norwegische Segler kennen. Gemeinsam treffen wir uns zum Grillen auf der Nachbarinsel Klein-Bonaire oder lassen uns die 8-Dollar-Burger am Mittwoch in der Marina schmecken. Marijke und Rudi von der LIZZY nehmen uns einmal sogar mit ihrem Auto mit auf eine kleine Insel-Rundfahrt, und wir sehen zum ersten Mal in unserem Leben wildlebende Flamingos, essen Leguan-Suppe, schauen bei einem Bier den Windsurfern zu und füttern die Esel, die auf der ganzen Insel frei herumlaufen.

Willi hilft bei der Wäsche

Willi hilft bei der Wäsche

Flamingos

Flamingos

beim Flaming-Beobachten

beim Flaming-Beobachten

Willi im Sand

Willi im Sand

Willi und Nae

Willi und Nae

Esel auf der Straße...

Esel auf der Straße…

...und im Auto

…und im Auto

Burger und Happy Hour

Burger und Happy Hour

Willi chillt

Willi chillt am Pool

Jaqueline und Willi warten auf die Burger

Jaqueline und Willi warten auf die Burger

Grillen auf Klein-Bonaire

Grillen auf Klein-Bonaire

Sonst sind wir viel mit unseren Klapprädern unterwegs, Willi hat sich zum Glück schnell an unseren in Martinique angeschafften Fahrradsitz gewöhnt, und wir radeln mehrmals am Tag quer durch Kralendijk. Nebenbei kommt natürlich auch die Fußball-EM nicht zu kurz, überall gibt es Fernseher, die Niederländer haben die Nicht-Qualifikation der holländischen Nationalmannschaft offensichtlich verkraftet. Es gibt mehrere, gut sortierte Supermärkte in allen Preisklassen, viele Restaurants und nette Bars. Trotz der europäischen Infrastruktur und des für die Karibik sehr hohen Lebensstandards herrscht in Bonaire aber doch noch – so wie Stefan von der COCO LOCO es ausdrückt – ein stückweit “Wild-West”. Mangels Blutalkohol-Messgerät hat man das Alkohol-Limit fürs Autofahren auf “two cases” (zwei Kisten Bier) festgesetzt, auf der Straße zum Flughafen finden jede Woche illegale Drag-Races stadt, wobei die Teilnehmer selbst den Verkehr regeln, und viele fahren gleich mit Golfcarts auf den öffentlichen Straßen herum. Vor allem mir ging das dauernde “pas possible” von Martinique, das man schon zu hören bekam, wenn man nur sein Fahrrad irgendwo absperren wollte, sehr auf die Nerven, und ich fühle mich hier in Bonaire ungleich wohler. Natürlich auch mit Willis Hilfe kommen wir schnell mit Leuten auf der Straße, im Waschsalon oder im Eisgeschäft ins Gespräch, fast jeder hier scheint Zeit zu haben, sich ein bisschen zu unterhalten. Dank einer großzügigen Spende müssen wir uns über die Liegekosten keine Gedanken mehr machen, und wir bleiben zumindest bis Anfang Juli hier, da kommen uns nämlich meine Eltern hier besuchen. Wir werden uns wohl ein Auto mieten, den Nationalpark erforschen, den höchsten Berg der Insel besteigen, die besten Schnorchelplätze besuchen….langweilig wird es uns hier jedenfalls sicher nicht!

Schwimmen im türkisen Wasser, direkt neben dem Boot

Schwimmen im türkisen Wasser, direkt neben dem Boot

neuestes Sicherheitskonzept

neuestes Sicherheitskonzept

Blick auf Kralendijk

Blick auf Kralendijk

Willi ist gut geschützt

Willi ist gut geschützt

Radausflug

Radausflug

Radfahren ist anstrengend!

Radfahren ist anstrengend!


2 Comments

  1. Schaut wieder einmal toll aus!
    Was genau heißt bon bini?

    Freuen uns schon seeeeeeehr auf euch!

    Bis bald
    Maria und Wolfgang

  2. Danke fuer die schoenen fotos!
    Gruesse und kuesse
    Oma!!!

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