geschrieben von Mischa in Den Helder, Niederlande · 19.07.2014 · 9 Kommentare ·

Unglaublich wie schnell das geht, wir haben Deutschland mittlerweile verlassen, liegen im Hafen von Den Helder in den Niederlanden und warten immer noch auf die erste Überfahrt ohne Zwischenfälle. Aber der Reihe nach:
Am Samstag, den 12. Juli, verlassen wir Harlesiel und kommen diesmal ohne Probleme durch die Schleuse. Schon relativ kurz vor Niedrigwasser motoren wir den Damm der Hafenausfahrt entlang und navigieren ohne Probleme zwischen den bereits trockengefallenen Wattenhochs hindurch bis vor Wangerooge. Unser Ziel ist Borkum, die westlichste der ostfriesischen Inseln. Plötzlich sehe ich auf der Seekarte, dass die sogenannte Barre (das sind die gefürchteten Flachstellen zwischen den Inseln) bei Ebbe nur 0,9 m Wasser hat. Schande über mich, wie konnte ich das am Vortag nur übersehen? Wir brauchen mindestens 1,2 m, eher etwas mehr… Wir beschließen dennoch, es zu probieren, schließlich ist es noch ca. eine Stunde vor Niedrigwasser. Der Strom schiebt uns kräftig an und so fahren wir mit 3 Knoten so vorsichtig wie möglich an die gefährliche Stelle heran. Das Echolot fällt von 3 auf 2 und dann auf 1,1 m, und so schnell können wir gar nicht reagieren, sitzen wir in einem Wellental auch schon auf der Sandbank. Zum Glück ist das Wetter gut und die Wellen niedrig, bei schlechteren Bedingungen kann ein Schiff in so einer Situation schnell von den Wellen so hart auf den Sand geworfen werden, dass es nicht mehr zu retten ist. Wir geben sofort Vollgas rückwärts, und tatsächlich, unser Motor schafft es, die SAILOR MOON gegen den Strom von der Untiefe zu ziehen. Wir motoren im Rückwärtsgang zurück ins tiefe Wasser, wo wir ankern und auf die Flut warten. Genau inspizieren wir die Bilge, aber alles ist trocken, unser stabiles Schiff dürfte keinen Schaden genommen haben, und wir sind auch wirklich nicht hart aufgesessen. Trotzdem bin vor Allem ich ziemlich geschockt und muss mich erst von meiner Frau beruhigen lassen.
Vier Stunden später lichten wir den Anker und starten einen zweiten Anlauf. Diesmal fällt das Echolot nicht unter drei Meter, es dürften vorher wirklich nur Zentimeter gefehlt haben, bzw. waren wir um ein paar Minuten zu spät. Wir gehen auf einen östlichen Kurs und segeln so gut es geht die Inseln entlang, als der Wind einschläft und wir wieder den Motor starten. Doch der klingt plötzlich ganz anders, viel lauter, und das halbe Schiff vibriert. Wir finden heraus, dass eins der Motorlager durch unsere Vollgas-Rückwärts-Aktion wohl locker geworden ist und der Motor sich deshalb viel mehr bewegt als normal. Mit einem Schraubenschlüssel beheben wir das Problem, und siehe da, alles ist wieder wie es sein sollte. Langweilig wirds uns wahrhaftig nicht!
Durch die unfreiwillige Warterei haben wir einiges an Zeit verloren, und so wird es rasch dunkel. Jaqueline schläft ein bisschen, und auch ich kann mich ab und zu für ein paar Minuten ausruhen, während Jaqueline gleich bei ihrer ersten Nachtfahrt todesmutig ganz alleine Wache geht. Den Sonnenaufgang sehen wir leider nicht, am Sonntag ist es bewölkt und neblig. Die Ansteuerung von Borkum hat es nochmal in sich, wir sehen die Insel schon stundenlang, müssen aber einen großen Bogen fahren, um den “Riffen” (das Watt hier heißt tatsächlich Borkum-Riff) auszuweichen. Wir sind müde, der Strom ist gegen uns und die Ems-Mündung zieht sich ewig dahin. Stunden später biegen wir in die Fischerbalje ein, brauchen für die letzten paar hundert Meter nochmal eine Stunde, und dann sind wir endlich im Hafen von Borkum. Die paar Clubstege sind besetzt, und so machen wir an einem augenscheinlich nicht für Jachten gedachten Steg fest. Wir sind beide ziemlich erschöpft, sogar die Verlängerung des WM-Finales verpassen wir, aber wir haben unsere erste “größere” Fahrt, noch dazu über Nacht, geschafft!

Der Hafen von Borkum

Der Hafen von Borkum

Dusche + WC

Dusche + WC

Borkum ist eine landschaftlich sehr schöne Insel mit lauter unglaublich zahmen Tieren, der Ort ist ein relativ nobler Kurort mit tausenden Touristen, nur der Hafen passt absolut nicht ins Bild. Bis 1996 war hier ein deutscher Marinestützpunkt, mittlerweile teilen sich den Hafen ein kleiner Segelclub, ein Rettungsboot der DGzRS und ein Haufen Versorgungs- und Arbeitsschiffe für die umliegenden Offshore-Windparks. Für Yachten ist man offensichtlich nicht eingerichtet, die Stege sind hoch und mit dem Wasserschlauch könnte man unseren Tank wahrscheinlich in ein paar Sekunden füllen. Auch an den ehemaligen Militärgebäuden hat man augenscheinlich nichts geändert, und die Sanitäreinrichtungen erinnern mich stark an meine Bundesheerzeit. Trotzdem müssen wir zusätzlich zur Liegegebühr die ganz normale Kurtaxe bezahlen, 20 Euro für drei Nächte…naja.
Wir erholen wir uns, laden die Batterien auf und radeln natürlich über die Insel (die Klappräder werden langsam zu einem unserer wichtigsten Ausrüstungsgegenstände!). Dann hält uns nichts mehr in Borkum, wir wollen weiter, wir haben uns eine noch größere Strecke vorgenommen: nach Den Helder in den Niederlanden (110 nm, ca. 200km).

Die Rehe haben keine Angst vor uns

Die Rehe haben keine Angst vor uns

Mittwoch früh laufen wir pünktlich um 05:30 aus, um das ablaufende Wasser perfekt nutzen zu können. Ziemlich schnell verlassen wir diesmal die Ems-Mündung, wo wir ein bisschen segeln und unsere Windsteueranlage testen (funktioniert ausgezeichnet!). Dann schläft wie vorhergesagt der Wind ein und wir starten den Motor. Bis zum Abend passiert wenig, wir steuern abwechseln, lesen und essen viel. Jaqueline legt sich dann wieder für drei Stunden hin, ich bleibe an Deck. Um zwei Uhr früh geht plötzlich zuerst die Motordrehzal runter, dann geht der Motor ganz aus. Ich wecke Jaqueline, und wir setzen sofort die Genua, damit wir zwar langsam, aber wenigstens ein bisschen vorankommen und vor allem manövrierfähig bleiben. Wir vermuten ganz richtig, dass der Motor keinen Diesel mehr bekommt, also ist entweder eins der Filter verlegt, oder unser Tank ist schlicht und einfach leer. Aber Jaqueline hatte mich vor der Abfahrt noch gefragt, ob wir eh genug Diesel haben, und ich habe im Kopf überschlagen, dass es locker reichen müsste. Ich baue daher erstmal den Feinfilter aus, aber alles ok. Unsere Füllstandsanzeige ist zwar absolut feuersicher, aber außer “voll” und “nicht voll” zeigt sie nicht viel an, also auch keine große Hilfe. Im Seegang höre ich dann jedoch den restlichen Diesel im Tank hin und her schwappen, und tatsächlich klingt das nach verdächtig wenig. Wiedermal ärgere ich mich über mich selbst, das hätte ich vorher genauer ausrechnen müssen. Nagut, wir haben ja noch einen Kanister an Deck, wer versucht nicht gern um zwei Uhr früh auf einem schwankenden Schiff aus einem 20l-Kanister Diesel eine winzige Einfüllöffnung zu treffen. Doch es gelingt ohne größere Sauerei, der Tank ist wieder zu einem Drittel voll. Wie war das jetzt mit dem Entlüften, ich lese nochmal im Handbuch nach, löse diverse Schrauben und pumpe wie ein Wilder mit der kleinen Entlüftungspumpe. Und wirklich, wir bekommen die Luft aus den Treibstoffleitungen, der Motor springt wieder an und läuft ruhig wie vorher. Mittlerweile beginnt es heller zu werden, und wir motoren Richtung Den Helder. Vorschriftsmäßig melden wir uns über Funk beim Den Helder Traffic Center an und bekommen die Erlaubnis in den Hafen einzulaufen. Wiedermal ist die Strömung gewaltig und wir sind froh, dass der Motor schon vorher und nicht erst hier stehengeblieben ist, das hätte unangenehm werden können. Dann sind wir auch schon im Hafenbecken und nach kurzem Suchen finden wir auch den Koninklijke Marine Jacht Club. Den Helder ist der Militärhafen der Niederlande, nicht weit von uns liegen riesige Kriegsschiffe, aber für die wassersportverrückten holländischen Marineoffiziere hat man anscheinend hier extra einen kleinen Jachthafen mit einigen Gästeplätzen angelegt. Wir bekommen den allerletzen Liegeplatz ganz hinten im Eck zugewiesen, und mit einigen Schwierigkeiten bugsieren wir unser Boot dorthin. Ans Rauskommen denken wir sicherheitshalber noch nicht.
Uns gehts nach wie vor gut und wir freuen uns, unterwegs zu sein. Die meisten kleinen Bootsprobleme haben wir mit Sikaflex, Schrumpfschlauch und Schlauchschellen (oder beliebigen Kombinationen daraus) behoben und wir genießen ein paar wirklich sonnige und heiße Tage in Den Helder, dann wollen wir die Niederlande auch schon wieder verlassen und direkt nach Zeebrugge in Belgien weitersegeln. Vor allem für Jaqueline können die Distanzen gar nicht lang genug sein und sie würde am Liebsten heute schon wieder weiter, aber der Wetterbericht sagt für Montag und Dienstag günstige Winde an, darauf wollen wir erstmal warten. In Zeebrugge bekommen wir dann erstmals Besuch, Ma und Vicky werden dort zusteigen und uns ein bisschen begleiten.

Ein Chiliburger nach einer schlaflosen Nacht

Ein Chiliburger nach einer schlaflosen Nacht

Sandstrand in den Niederlanden, wer hätte das gedacht

Sandstrand in den Niederlanden, wer hätte das gedacht

Gänse in Den Helder

Gänse in Den Helder

Im hintersten Eck des Jachthafens

Im hintersten Eck des Jachthafens


9 Comments

  1. Hallo J und M!

    Sind eben von unserer supertollen Bergtour auf dem Hochschwab zurückgekommen und
    freuen uns, sofort neue Nachrichten von euch lesen zu können!
    Klappt ja alles wie am Schnürchen! Und wo das Schnürchen mal gerissen ist, habt ihr es
    bis jetzt immer wieder zusammenspleißen können! Gelernt ist eben gelernt!
    Wolfi versucht immer verzweifelt, von euch etwas über Funk zu hören, aber wo seid ihr denn?
    Wünschen euch gute Segeltage mit Vicky und Ma!

    Viele Grüße inzwischen
    Maria und Wolfgang

    • Seas!
      Sowieso, kriegma alles hin!

      Ja, das mit der Kurzwelle will noch ned so richtig, muss eh nochmal mitm Wolfgang telefoniern, evtl kann er uns da noch ein besseres Kabel besorgen und mitnehmen, bisjetzt schaff ich nur ein SWR von unendlich….

      Sind heut in Zeebrugge angekommen, Details folgen in den nächsten Tagen!

      Lg Mischa

  2. Grias eich!!
    Mah Ihr seids scho unterwegs. Hob scho länger net eine gschaut! Gfreit mi fia eich! Und wie is eicha Abenteuer? Ausschaun tuats super!! Auf der WU tuat se net vü. Alle gsund und munter. Am Campus lebts sa se zwor a wengl gfährlich. Am Sonntog is von LC(beim Schrägdach) a Platte obe gfoin. Jetzt is der Haupteingang moi gsperrt! 🙂
    Jo sunst tuat se net vü. Mir geht’s recht guat und i hoff eich a!!!
    Schick eich vü Kraft! Gaunz Liabe Griass aus Wean
    BUSSAL Tanja

    • Liebe Tanja,
      danke für dein tolles Kommentar und das Update. Freu mich immer, dass ich am letzten Informationsstand wieder gebracht werde 😉
      Unser Abenteuer ist spitze! Hätte mir nicht gedacht, dass es soo schön ist. Ist wie ein nicht endender Urlaub. Lesen, Schlafen, Essen, Spielen und Sightseeing. Das sind unsere Tätigkeiten während des Tages.
      Freut mich, dass es dir/euch gut geht!! Hoffe ihr könnt am Campus den schönen Sommer genießen!!
      Liebe Grüße zurück aus Wien von Dover
      Bussi
      Jaqueline

  3. Hallo ihr lieben Gruß aus der Grafschaft

  4. Sonja und Jürgen

    Hallo ihr lieben Gruß aus der Grafschaft♥♥♥♥♥eure Freunde

  5. Sonja und Jürgen

    Gute Fahrt und vielleicht auch mal wieder ♡Sonja♥♥

  6. Servas!
    Eh nett bei euch 😉

  7. Sonja und Jürgen

    Hi Leute, -Wie geht’s euch? Alle gesund und munter♥♥♥

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